Menschenkind

Kirschbaum in voller Blüte im Weidenweg, Berlin

Ostern, am Arsch. Das letzte große Christenfest habe ich mit einer prickelnden Diagnose im Gepäck verbracht. Ihr kennt sie zur Genüge. Und zur Bescherung gab's eine Walnuss im Gehirn. Mein Vater brach am 26. am Tisch zusammen und wurde vom Notarzt abgeholt, weil er wie der Rest der Familie (bis auf meine Schwägerin) Covid hatte. Trotz des Horrors war's gut, weil ich bei meiner Familie war. Wer weiß, ob wir nochmal so zusammen kommen. Bei meinem Dad hatte man ja auch eine Walnuss im Hirn gefunden, nur im Frontallappen. Beim Rausschneiden ist doch ein größeres Loch entstanden als zuvor angenommen und die Fähigkeit, sich was zu merken, ist mittlerweile futsch.

Heute an Ostern hätte ich wieder bei ihnen sein können. Ich habe mich dagegen entschieden. Wieso, kann ich gar nicht so genau sagen. Es war mehr Bauchgefühl als rationale Entscheidung, weil alles zu viel ist momentan. Am Dienstag kommt meine Nichte zu Besuch. Keine Woche später steht die Reise nach Italien an. Italien, so sehr ich mich auf meine Freunde und die Alpen freue - es hat auch etwas Traumatisches. Wenn ich ehrlich bin, habe ich Angst davor. Ich habe sowieso den ganzen Tag nur noch Angst. Wenn ich meinen Tag in Emotionen einteilen würde, dann sähe er ungefähr so aus:

1. Angst: 70%
2. Depression: 15%
3. Hass: 5%
4. Freude/Liebe: 10%

Der einzige rationale Grund, der mir sofort einfällt, ist, dass ich mich ranhalten muss, um den Roman fertig zu schreiben. Ich wette mit euch, dass ich 2026 nicht mehr erleben werde. Hierfür gibt es keine eindeutigen Anzeichen. Aber ich spüre, dass da was nicht stimmt. Eine Kleinigkeit und es ist vorbei. Ich hoffe aufrichtig, dass ich damit falsch liege.

Daher – scheiß auf Ostern! Wie sagte P. heute doch gleich? – er habe das Fest eh nie verstehen können. "Was ein armes Menschenkind. Ohne jede Aussicht auf Erlösung..." – wie soll man auch anders denken bei so viel Elend um einen herum. Ich weiß es als Anteilnahme zu schätzen.

Ich wünschte, ich könnte euch etwas Schönes zum Abschluss erzählen, aber es will mir partout nichts einfallen. Außer so komischen Gedanken, die keiner außer mir zu genießen scheint (gehört zu den 10%):

Findet ihr nicht auch, dass der Name des ungarischen Adelsgeschlechts so klingt wie das berühmteste Schokoladenschlappohr?

Victor Esterházy

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