Il 25 aprile
Der 25. April ist DER italienische Nationalfeiertag - L'anniversario della Liberazione d'Italia. Mir ist nicht nach Feiern zumute, obwohl ich allen Grund dazu hätte: die CT-Ergebnisse waren laut der Onkologin des Todes sehr gut. Das Karzinom im linken Lungenflügel und die Metastasen in den Lymphknoten zwischen den Flügeln und im Bauch sind kleiner geworden. Allesamt. Wo auch immer sie genau lagen, ist mir egal - ich verstehe sowieso nicht die Bohne vom Befund. Ich beschäftige mich, wie ihr wisst, lieber mit Haiku, Giuseppe Garibaldi oder Synkopenverschiebungen. Solange ich noch lebe!
Fazit: Das Medikament wirkt. Solange das der Fall ist, kann ich euch weiter vollnölen. Die Ärztin hat jedenfalls über das ganze Gesicht gestrahlt. Für mich. Und auch ein wenig selbstzufrieden, aber das gönne ich ihr. Sie kümmert sich ja auch wirklich um mich. Nicht immer so, wie ich’s gern hätte – dazu gleich mehr –, aber im Großen und Ganzen sehr gut.
Die Italiener können mir gestohlen bleiben, solange sie die neofaschistische Sau wählen. Das ist so peinlich wie das Phänomen AfD – zum Fremdschämen! Angeblich ist sie wortgewandt und charismatisch. Was man von der AfD nicht unbedingt behaupten kann. Aber was den horstigen Bild-Leser bewegt, habe ich sowieso nie nachvollziehen können. Überhaupt fällt es mir schwer, Dummheit zu verstehen. Schwäche kann ich nachvollziehen, ja. Sehr wohl sogar. Wenn man zum Alkoholiker wird, weil man seinen Partner oder den geliebten Arbeitsplatz oder sonstwas extrem Nahestehendes verloren hat - dafür kann ich allergrößtes Mitgefühl aufbringen. Aber für jemanden, der frustriert darüber ist, dass er nicht zu den Gewinnern der Gesellschaft zählt und deswegen möchte, dass es anderen genauso schlecht geht, dass diese leiden und gar sterben sollen: Der möge getrost in die Untiefen der Styx fallen, um dort, tagein tagaus, bis in alle Ewigkeit in heißer Lava zu baden. Ist das eigentlich ein Pleonasmus, heiße Lava? Eine Tautologie erster Klasse, vermute ich. Mir fehlt das Unterrichten, verdammt noch mal!!
Meine Onkologin hat sich meine Beine angeschaut und das über die Sockenbündchen quillende Fleisch als noch nicht tragisch bezeichnet. Sie hat mir lieber Benzodiazepin verschrieben – nicht gegen das Wasser in den Beinen, dafür habe ich ja schon etwas. Das Medikament, Lorazepam, ist ein Beruhigungsmittel gegen das Knirschen mit den Zähnen. Statt dem cannabinoiden Öl, das mir lieber gewesen wäre. Denn davon kann ich definitiv ruhig schlafen. Einschlafen und durchschlafen sind nicht das Problem. Nur in der Nacht keine Kriege kämpfen – das ist des Patienten Wunsch. Den möchte sie mir erfüllen, aber auf ihre Weise. Der Preis: ABHÄNGIGKEIT. Lorazepam ist eine erwiesenermaßen addiktive Substanz, mit dem von mir bevorzugten Öl kenne sie sich leider nicht aus, deswegen die Keule. Die Abhängigkeit sei in der Palliativmedizin durchaus üblich und völlig vertretbar. „Sie dürfen das Lorazepam allerdings nicht mit dem Zolpidem gleichzeitig einnehmen, Herr Pugliese!“ Na Hallelujah – falls ich nicht mehr aufwache, wisst ihr, was da schiefgelaufen ist.
Danach noch mit L. zwei Stunden im Kiez verbracht, Geld ausgegeben und bei Niko Niko unfassbare Ramen (sogar freiwillig mit Shiitake – ich, der bekannterweise Pilze verabscheut) und ein noch unfassbareres Sesam-Mochi gegessen. Ich werde auf meine alten Tage zum wahren Schlemmermeister.
Und was ich im Anschluss gemacht habe – stundenlang und anstrengend – das verrate ich euch beim nächsten Mal. Nicht, weil ich euch unnötig auf die Folter spannen möchte (oder vielleicht ein bisschen), sondern weil ich erst mit handfesten Informationen in der Tasche die Katze aus dem Sack lassen möchte.
Bis dahin ein putziger Haiku zum Schluss:
Konichi-wa-san
Kimchi Ramen, to Mochi
Ittadakimas
こんにちはさん
キムチラーメン、と餅
いただきます
Arigato matane
Mancini-san
ありがとうございます。またね
マンチーニさん
P.S. Wer denkt, die Tram wäre zufällig, irrt.
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