Memento mori
Sei dir deiner Sterblichkeit bewusst
Wie oft habe ich in meinem Leben gehört, dass irgendwas ungesund ist oder krebserregend. Pah! Lächerlich. Wer glaubt, dass falsches Essen, Mikroplastik oder das Handy am Ohr einen umbringt, hat keine anderen Sorgen im Leben. Ob der Krebs euch erwischt oder nicht – das zu kontrollieren, steht nicht in eurer Macht. Der sucht sich seine Opfer selbst. Höchstwahrscheinlich schlummert er in eurer DNA, checkt mal die Familienhistorie. Vielleicht arbeitet ihr im radioaktiven Labor – okay, dann gebt euch meinetwegen die Schuld. Oder ihr lebt in der Nähe von Tschernobyl oder Fukushima. Fair enough. Aber wenn ihr ernsthaft glaubt, dass euch der Supermarkt umbringt, dann macht ihr euch was vor. Ist nur meine Meinung!
Aber was weiß ich schon?! Wie oft habe ich mich schon seit meiner Diagnose gefragt, woher der hundefotzige Dreckswichser kommt, der sich in meine Lunge eingeschlichen hat? Vom Kiffen? Da haben selbst die Pneumologen und Onkologinnen des Todes gelacht. Die Antwort sei ihnen zu einfach. Da seien die Asbestplatten vom Palast der Republik wahrscheinlicher oder der Schimmel in der Decke vom Abi-Klassensaal. Ich atme den ganzen langen Tag Feinstaub von der Karl-Marx-Allee ein. Nee, Leute, so ne Scheiße wie nen streunenden Lungenkarzinomhund auf das Antibiotikum von Wiesenhof-Hühnern zu reduzieren ist so glaubhaft wie die Unschuld von Silvio Berlusconi (Thank fuck, he’s dead!!! – wann folgen eigentlich die anderen Arschlöcher?).
Das bringt uns zur existentiellen und nicht zu beantwortenden Frage: wieso erwischt es die Arschlöcher nicht, aber dafür mich? Jetzt echt jetzt! In der Zen-Philosophie spricht man von Koans, paradoxen, unlösbaren Fragen, die den Geist an seine Grenzen führen sollen. Und was für ein Koan ist das!
Wieso darf ein Vollpfosten wie Donald Trump an die 80 werden und die Welt gegeneinander aufhetzen, während ich sterben muss? Wieso darf ein machthungriger Pimmel wie Putin ungestraft die Welt terrorisieren, während ich sterben muss?
Ich hatte die Frage der Theodizee bereits in einem vorherigen Post angesprochen. Das aus dem Altgriechischen stammende Wort ist eine Zusammensetzung aus theós (Gott) und dike (Gerechtigkeit, Recht). Wörtlich bedeutet es also „Gerechtigkeit Gottes“ und bezieht sich auf die philosophische Frage, wie die Existenz von Leid und Übel mit einem allmächtigen und gütigen Gott vereinbar ist. Wie ich darüber denke, habe ich nun oft genug ausgedrückt.
Aber was, wenn wir die Frage anders stellen? Wir schaffen in
neologistischer Tradition ein neues Wort und nennen sie Karkinodizee
(Karkínos, altgriechisch für Krebs), die Frage der
Krebsgerechtigkeit:
Wie kann es Gerechtigkeit auf Erden geben,
wenn Wichser wie Donald Trump alt werden und die Menschheit
terrorisieren dürfen, während ich sterben muss, verdammte
Hurenscheiße?!
Euer von seiner Situation überforderter und im dumpfen Loch seiner Existenz vergrabener
Victor Mancini
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