Hospital Food


Nachtrag: Ich habe mich geirrt - es war nicht die Krankenversicherung - es ist das Krankenhaus, das für jeden Tag eine Pauschale von 10 Euro berechnet, die man zuzahlen muss. Bei fünf Tagen fallen also 50 Euro an. Wenn ihr euch die Fotos anschaut, könnt ihr euch vorstellen, wie zynisch das wirkt. Es ist absolut wahr und kein Klischee, wenn behauptet wird, dass das Essen im Krankenhaus nicht schlechter sein kann. Daher wirkt die Zuzahlung wie eine sadistische Ohrfeige.
 

Aber wenn man mal an meinem Punkt im Leben angelangt ist, spielt Geld keine Rolle mehr. Es geht nur noch um schmerzfreie Momente und das bisschen Zeit, das man sich kauft oder geschenkt bekommt, um seine Arbeit zu beenden. A propos Arbeit: ich liebe es zu arbeiten und habe es immer getan. Damit meine ich nicht pauschal jede Arbeit. Es wäre vermessen und anmaßend Menschen gegenüber zu behaupten, dass Arbeit grundsätzlich geil ist, wenn sie tagein tagaus furchtbare Tätigkeiten ausführen müssen – to make ends meet. In diesen Fällen steht klar das Ziel über der Arbeit, auch wenn man womöglich jede Tätigkeit als meditative Übung betrachten kann. Beispielsweise wäre es unmöglich für mich, für die Müllabfuhr zu arbeiten, da die geruchliche Folter unerträglich wäre. Ich war schon vor meiner Erkrankung olfaktorisch hochsensibel. Nun, da meine Sicht mich im Stich lässt, stehen die anderen Sinne unter permanenter Belastung.
 
Zurück zu meiner Arbeit: In meinem Fall habe ich die kreativen Prozesse des Songwritings, des Schreibens von Literatur, aber auch das Unterrichten immer als eine angenehme Herausforderung gesehen, die mir trotz der Angstrengung große Freude bereitet hat. Ich hoffe, dass ihr da draußen das immer gespürt habt, also ihr, die meine Musik und Literatur mögt, aber auch meine Schüler:innen, denen ich über die Jahre geholfen habe, ihr Deutsch zu verbessern.
Damit der heutige Eintrag auch wieder auf einer schönen Note endet, hört euch den Song Hospital Food von der Band EELS an und denkt dabei an mich. Er hat mir die Tage im Krankenhaus ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, während ich dabei um mein Bett getanzt bin.
 
In wenigen Stunden bin ich übrigens wieder dort, um die Onkologinnen des Todes zu treffen. Sie mögen absolute Expertinnen auf ihrem Gebiet sein, aber Empathiefähigkeit kann man nicht an der Universität erlernen. Man hat Mitgefühl oder eben nicht. Aber ich möchte nicht ungerecht sein - zum Selbstschutz gehört die distanzierte Art des Mediziners einfach dazu. Bei so viel Tod, der einen täglich umgibt, kann ich schon verstehen, warum sie nicht auf das Schicksal eines jeden eingehen können.
Heute fühle ich mich stark genug, um am Roman weiterzuarbeiten. Drückt mir und euch die Daumen, dass ich den Wettlauf gegen die Zeit gewinne. Die Vorstellung, dass mein Roman eines Tages in euren Rgalen steht, gibt mir mehr Kraft als alles andere.
 
Peace out, world, wherever you are!



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