Frankenstein, Freud und übernatürliche Weltenlenker
Dass ich an keine übernatürlichen Weltenlenker glaube, habe ich bereits zur Genüge etabliert. Dass ich kein großer Fan der Medizin bin, hatte ich auch bereits erwähnt. Letzteres möchte ich revidieren oder vielmehr präzisieren. Es geht mir speziell um die zwischenmenschliche Komponente bei Ärzt:innen, die mir meist fehlt. Als würde der Selbstschutz die Empathiefähigkeit intrinsisch ausschließen. Vielleicht ist es auch so. Ich weiß es nicht. Bin weder Psychologe noch Soziologe.
Ich habe im Hörbuch von Rutger Bregmans Im Grunde Gut (oder war es bei Yuval Noah Hararis Sapiens?!) gehört, dass der Mensch nur für maximal 150 Menschen wirklich Empathie aufbringen kann. Vielleicht muss sich der Mediziner also auf seine fachliche Kompetenz versteifen, um beruflich wie psychisch zu überleben. Daher wirken sie auf mich immer ein wenig wie Dr. Frankensteins: unbeholfen im sozialen Miteinander, latent abwesend, überfordert, aber dennoch völlig vernarrt in ihre Materie. So sehr, dass sie die Patient:innen zu einem eigennützigen Subjekt ihrer professionellen Begierde aufwerten. Es ist wie beim Kind, das voller Faszination die Heuschrecke am lebendigen Leibe seziert, um es zu untersuchen und studieren, und dann ganz verwundert ist, wenn sie nicht mehr lebt. Diese Freude an der Medizin an sich bleibt wahrscheinlich ein Leben lang vorhanden, aber der Umgang mit dem Menschen wird mit der Zeit doch eher lästig, habe ich den Eindruck.
Wie dem auch sei, das sind nur meine Eindrücke und grundsätzlich irrelevante dazu. Entscheidend ist, dass diese Mediziner im Gegensatz zur FIKTION GOTT Großartiges vollbracht haben in den letzten Tagen. Mir hat die Krebsforschung ein paar Jahre Lebensqualität geschenkt. Und meinem Vater hat man mit Erfolg den Tumor aus den Frontallappen entfernt. Er muss zwar noch für einige Tage im Krankenhaus bleiben, aber wie es scheint, ist er wohlauf, kognitiv beisammen und scherzt schon wieder mit dem Pflegepersonal. Klingt zumindest so, als wäre er noch der Alte.
Wer also an Götter glauben möchte, um die Angst vor dem Tod zu beherrschen oder sich in Zeiten der Not in Gebeten an jemanden zu wenden, soll das gerne tun. Aber wenn es um die Heilung von Körper und Geist geht, würde ich immer die Medizin und Psychologie empfehlen. Sogar Victor Frankenstein und Sigmund Freud.
Mit Äskulapstab in der Hand und der Eule im Kopf aus der Literaturschmiede
Euer Victor Mancini
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